24 by Duell der Wächter

24 by Duell der Wächter

Autor:Duell der Wächter [Wächter, Duell der]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-07-01T08:58:18+00:00


»Wann?« fragte Lilith. »Wann würdest du das tun – und wo?«

*

Felidae

Sie geht, und ich lasse es zu.

Wir haben eine Verabredung getroffen, die der Vorbereitung bedarf.

Ich habe Hoffnungen geweckt, Zweifel geschürt.

Es war der einzige Weg.

Sie muß begreifen, worauf es ankommt. Sie muß lästige Skrupel ablegen. Der Plan darf nicht an Menschenleben scheitern. Der Plan ist erhaben über das Schicksal einzelner.

Ich werde dafür sorgen, daß sie ihre Opfer in Zukunft gezielter auswählt. Sinnvoller schlägt, aussaugt und tötet.

Bisher ahnt sie nicht einmal, daß sie einen Keim verbreitet.

Ich werde sie diese und andere Erkenntnis aus dem Kelch trinken lassen.

*

Als Lilith in die Wohnung zurückkehrte, war diese verlassen. Beth hatte keine Nachricht geschrieben, aber das war kein Grund zur Besorgnis. Ihr Job brachte es mit sich, daß die Zeiger einer Uhr bedeutungslos wurden. Eine Reporterin lebt auf Abruf – jederzeit.

Die Wohnung war immer noch abweisend leer. Sie lud nicht zum Verweilen ein. Wenn Lilith an die ursprüngliche Einrichtung dachte (nicht jenes schrill-giftende Dekor, das hier mit Beth’ Krankheit Einzug gehalten hatte und zum Glück wieder verschwunden war), überkam sie Wehmut.

Wann würden die letzten sichtbaren Spuren einer schweren Zeit getilgt sein?

Werde ich es noch erleben?

Es war ein merkwürdiger Gedanke. Lilith führte ihn auf ihre Begegnung mit Felidae zurück.

Was sollte sie von deren Angebot halten? Hätte sie es überhaupt ablehnen können?

Lilith wechselte ins Schlafzimmer hinüber. Dort stand kein Bett mehr. Es gab nur eine große Matratze, gleichsam als »Denkmal« eines Bettes.

Lilith setzte sich darauf.

Sie ließ das Licht aus. In unwirklichem Dunkel hoffte sie auf Beth’

baldige Heimkehr.

*

Landrus Erinnerung

Großer Ararat, 1727

Als ich das Land der Sunniten, jenes von Vulkanen gekrönte und von Erdbeben erschütterte Hochland Ost-Anatoliens, erreichte, waren Wochen seit der Zerstörung der Maske vergangen. Die Kreuzwunde in meinem Gesicht schmerzte nicht mehr. Aber ein Andenken würde mich ewig an den Kampf mit Celestes Bruder erinnern.

Ich fand den Weg hinauf zum Gipfel des größten Berges, als hätte ich ihn erst gestern genommen.

Kannten andere ihn auch?

Kein Pferd oder ein anderes Lasttier konnte ihn ersteigen. Er war nur auf den Schwingen meiner Art, vielleicht noch mit den Flügeln stolzer Adler, zu überwinden. In dünner Hochgebirgsluft, fast 5000

Meter über dem Meeresspiegel, glitt ich in den engen Schacht, der den Ort meiner Entstehung zugänglich machte.

Dieser Stollen führte hinab ins hohle Herz des Bergmassivs. Dorthin, wo Geschöpfe und Geheimnisse erdacht und bewahrt wurden, von denen ich selbst höchstens einen Zipfel kannte. Ich hatte nie die Zeit, mehr zu ergründen. Mir genügte, daß es die Heimstatt der Hüter war. Der Platz, wo ich Kelch und Aufgabe erhielt – und wohin ich mich seither nie wieder begeben hatte. Hier füllte ich einst den unscheinbaren Beutel, den ich auf endloser Reise mit mir trug. All

überall.

Heimaterde …

Ich weiß nicht, welchen Empfang ich erwartete. Die Worte der Maske hatten sich mir unauslöschlich ins Bewußtsein gegraben.

» Deine Zeit ist um … Geh, wohin du einst kamst! Geh sofort. Du wirst erwartet! «

Und dann hatte sie mir meinen »Nachfolger« präsentiert … Ich hätte ihn aus Abermillionen heraus wiedererkannt. Auf dem ganzen Weg hierher hatte ich Pläne geschmiedet, wie ich meiner »Abberufung« entgehen könnte.



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